Nicht jeder findet Antje von Dewitz‘ großes Öko-Ziel so
erstrebenswert wie sie selbst: „Am Anfang haben wir uns die Köpfe
eingeschlagen“, sagt die Geschäftsführerin über die Konflikte in
ihrer Firma, die sie nach ihrem Antritt 2009 auslöste. Sie hat sich
vorgenommen, dass Vaude Europas nachhaltigster Outdoor-Ausrüster
werden soll. In der neuen Folge des stern-Podcasts „Die Boss“ erzählt
sie, auf welche Hürden sie noch immer stößt, dass auch Manager das
Unternehmen verlassen haben und sie sich vom gewohnten Profit
verabschieden musste. Ihre Bilanz bis heute: „Wir verlieren an Marge,
gewinnen aber an Kunden mit unserem Weg.“
Von Dewitz, 47, hat die Firma vor etwa zehn Jahren von ihrem Vater
übernommen. Vaude hat am Hauptsitz im baden-württembergischen
Tettnang-Obereisenbach 500 Mitarbeiter, machte 2019 einen
Jahresumsatz von etwa 100 Millionen Euro. Von Dewitz lässt ihr
Umweltmanagement, die Umweltkennzahlen und die Arbeitsbedingungen in
ihren asiatischen Zulieferbetrieben extern zertifizieren. Das
Unternehmen wurde für sein Nachhaltigkeits-Engagement vielfach
ausgezeichnet, unter anderem 2015 mit dem Deutschen
Nachhaltigkeitspreis der Bundesregierung als „Deutschlands
nachhaltigste Marke“.
Warum produziert Vaude nicht komplett in Deutschland oder Europa? Von
Dewitz sagt, für viele ihrer Produkte wie Drei-Lagen-Zelte und
Rucksäcke gebe es gar nicht genügend Produktionsstätten in Europa.
Denn Know-how, Technik und Kapazitäten seien seit nunmehr Jahrzehnten
in Asien aufgebaut worden. Ein weiterer Grund sei der Preis. Doppelt
so viel müssten Kunden bezahlen, wenn Vaude hier produzieren würde.
„Ich weiß ja, dass meine Kunden schon Schwierigkeiten haben, 20
Prozent mehr für ein nachhaltiges Produkt zu zahlen“, sagt sie. „100
Prozent? Ich würde mich einfach vom Markt schießen. Ich würde in
Schönheit sterben, in zweifelhafter Schönheit sterben.“ Ihr
Bekenntnis zu Nachhaltigkeit sei kein Widerspruch zur Produktion in
Asien. „Meine Haltung ist: Globalisierung kann auch etwas Positives
sein, sofern sie fair und ökologisch verläuft.“
In „Die Boss – Macht ist weiblich“ sprechen Spitzenfrauen unter sich:
Gastgeberin und Multi-Aufsichtsrätin Simone Menne (z.B. BMW, Deutsche
Post DHL, Henkel) trifft Chefinnen aus allen Gesellschaftsbereichen,
um mit ihnen über ihr Leben und ihre Karriere zu reden. „Die Boss“
erscheint vierzehntäglich immer mittwochs auf stern.de und dem
Youtube-Kanal des stern sowie auf Audio Now und allen gängigen
Podcast-Plattformen.