Uni-Studie: Jugendliche fühlen sich in Pandemie einsam und in ihren Sorgen nicht gesehen

Auch auf die Familie ist nicht für alle Befragten Verlass. Zwar geben rund 70 Prozent der Befragten an, dass sie zu Hause jemanden haben, der sich um sie kümmert.

Uni-Studie: Jugendliche fühlen sich in Pandemie einsam und in ihren Sorgen nicht gesehen 15/05/2020

Jugendliche leiden erheblich unter den Folgen der Maßnahmen zur Eindämmung des Corona-Virus: „Kaum etwas im Leben der Jugendlichen ist noch wie zuvor. Gleichzeitig erwartet die Schule, dass sie Leistung bringen, ihre Hausaufgaben abliefern“, berichtet die Hildesheimer Sozial- und Jugendforscherin Severine Thomas im Interview mit der Wochenzeitung DIE ZEIT. „Was sie enttäuscht, ist das fehlende Bewusstsein ihrer Lehrer für die aktuelle Lebenswelt junger Menschen. Ein Jugendlicher schrieb uns: ‘Noch nie hab ich mich so ohnmächtig gefühlt’.“ Rund 6000 Jugendliche aus ganz Deutschland haben sich in einer ersten großen Befragung der Universitäten Hildesheim und Frankfurt am Main zu ihrem Wohlbefinden in Zeiten von Schulschließung und Kontaktsperre geäußert.

Die Ergebnisse der Studie „Jugend in der Corona-Zeit“, welche der ZEIT exklusiv vorliegen, zeichnen das Bild einer enttäuschten Generation. So sagt ein Viertel der Befragten, dass sie nicht den Eindruck hätten, dass ihre Sorgen gehört werden. Ihre Stimme spiele in der öffentlichen Diskussion keine Rolle.

Auch auf die Familie ist nicht für alle Befragten Verlass. Zwar geben rund 70 Prozent der Befragten an, dass sie zu Hause jemanden haben, der sich um sie kümmert. Allerdings stellen fast 13 Prozent der Jugendlichen fest, dass sie in ihren Familien keinen Ansprechpartner haben und niemand Zeit für sie habe. Befragt wurden für die Studie Menschen im Alter von 15 bis 30 Jahren, den größten Rücklauf haben die Wissenschaftler allerdings von 15- bis 21-jährigen erhalten.

Eine gravierende Einschränkung stellt für sie das Kontaktverbot dar. Fast die Hälfte der Befragten hatte in den vergangenen Monaten nur noch mit zwei Freunden Kontakt. Neun Prozent gaben an, dass sie niemanden treffen. „Wir haben aus vielen Aussagen herausgelesen, wie viel Kraft und Anstrengung es die Jugendlichen inzwischen kostet, die Einschränkungen einzuhalten. Ich befürchte, dass die Politik unterschätzt, zu welchen psychosozialen Folgen all das führen kann“, sagt Thomas. „Sie wissen nicht, wie es mit Schule, Ausbildung oder Studium nach den Ferien weitergeht, ob ihr Freiwilligendienst oder das internationale Austauschjahr stattfinden werden, die hängen in der Luft.“