Im April einigten sich die Unterhändler des EU-Parlaments und der Mitgliedsstaaten auf Artikel 11 der EU-Urheberrechtsreform, die bislang wegen des u.a. Youtube massiv bedrohenden Artikels 13 in aller Munde gewesen ist, Google-News und andere News-Suchmaschinen müssen danach künftig an die Presseverlage zahlen, wenn sie deren Artikel-Vorschauen verwenden – es drohen fatal – begrüßenwerte Konsequenzen.
Die Presseverlage – so heißt es – sollen zukünftig gegenüber News-Suchmaschinen, allen voran Google-News, massiv gestärkt werden. Am Mittwoch einigten sich in Straßburg die Unterhändler des EU-Parlaments, angeführt von Axel Voss (CDU), und der EU-Mitgliedsstaaten auf das neue Leistungsschutzrecht (Artikel 11, der kleine Bruder des gefürchteten, insbesondere Youtube bedrohenden Artikels 13).
Danach sollen die Suchmaschinenbetreiber zukünftig Geld für das Anzeigen der Artikelausschnitten bzw. -Vorschauen (so genannte Snippets) der Presse an entsprechenden Verlage zahlen. Welche Meinung Google, genauer Google News, hierzu hat, zeigte sich bereits 2014.
Spanien 2014: Artikelausschnitte müssen von Suchmaschinen vergütet werden Google: Spaniens Presse ist raus aus Google News!
Spanien preschte noch vor der EU vor und verlangte 2014 von Suchmaschinenbetreibern, die News anbieten (etwa Google oder Yahoo News) entsprechende Lizenzzahlungen an die Verlage bzw. deren Verband zu leisten (bekannt geworden als die „Google-Steuer“). Sollte ohne Zahlung auf entsprechenden Content verlinkt werden, drohen Bußgelder bis 600.000 Euro. Googles Reaktion hierauf war denkbar einfach und konsequent: Google schmiss die spanische Presse aus Google News. Wen interessieren schon Nachrichten aus Spanien (in Spanien)?
Das Gleiche droht nun EU-weit; sollte Artikel 11 Wirklichkeit werden, ist damit zu rechnen, dass Google News die EU-Mainstreampresse einfach ebenso wie die spanische Presse aus der Newsfunktion ausschließt.
Fatale Konsequenz für die Verlage – begrüßenswert für alle alternativen Medien
So fatal diese Konsequenz für die Verlage wäre, denen sodann einiges an Seitenaufrufen („traffic“) verloren gehen dürfte, so begrüßenswert wäre es für die alternativen Medien, die von Google News kaum oder wenn, nur niedrig platziert, gelistet werden. Weniger Relootius-Märchen, mehr Wahrheit!
Die Verlage, die u.a. mit ausreichend Lobbyarbeit auf diese Urheberrechtsreform, angestoßen vom EU-Digital-Kommissar Günther Oettinger (CDU), hinwirkten, dürften sich jedoch selbst ins Bein geschossen haben. Denn wie die „ZEIT“ schon 2017 schrieb, hat die EU-Kommission schon vor Jahren eine Studie zur Frage des Leistungsschutzrechtes in Auftrag gegeben, welche sie aber – aus gutem Grund – unter Verschluss hält.
Studie der EU-Kommission: Leistungsschutzrecht wirkungslos, sondern kontraproduktiv
Danach sei das Leistungsschutzrecht, wie nun mit Artikel 11 verfolgt, nicht nur unwirksam, weil nicht praktikabel, sondern kontraproduktiv, weil die Verlage existenziell bedrohend. Gerade die, die nach Lizenzzahlungen schreien (wofür eigentlich; dafür, dass Google kostenlos Seitenaufrufe generiert?), würden durch einen Ausschluss aus Google News Umsatz verlieren. Empirische Daten sprechen nämlich dafür, dass etwa Google News und andere einen positiven (!) Effekt auf die Werbeeinnahmen der Verlage haben.
Was durch geschickte Lobby-Arbeit und Unvermögen (bekanntlich gilt, das Internet ist für uns alle Neuland) auf Seiten der EU auch keine Erwähnung findet: Die Verlage könnten Google News jederzeit die Einbindung verbieten, sie müssten den Google-Zugriff schlicht in der robots.txt ihrer Internetseiten untersagen. Ein Eingriff von wenigen Sekunden, ganz ohne IT-Chirurg. Aber das wollen sie nicht, denn von Google ignoriert zu werden, käme Selbstmord gleich und dennoch legen sie mit Artikel 11 alles darauf an, von Google schlussendlich doch ignoriert zu werden.
Sollte das EU-Parlament der Urheberrechtsreform zustimmen und die EU-Mitgliedsstaaten ebenso, dann dürfte die Abschaltung der Mainstream-Presse durch Google nur noch eine Frage der Zeit sein. Genauer in zwei Jahren wäre Schluss. So lange haben die EU-Mitgliedsstaaten, um die EU-Bestimmungen in nationales Recht umzusetzen.